Viele meiner Bekannten und Freunde haben mich öfters schon gefragt, wie MS eigentlich so ist. Oder vielmehr gesagt, wie man sich das als „gesunder Mensch“ vorstellen kann. Viele haben gefragt, ob man Schmerzen oder Ähnliches hat. Nein. Jedenfalls bei mir ist das so. Ich gebe als Antwort immer eine kurze und verständliche Beschreibung.
Man muss sich vorstellen, dass man Schuhe mit einem Gewicht von 20 Kg trägt. An manchen Tagen wiegen die Schuhe weniger, an manchen wiegen sie mehr. Wenn sie zu schwer sind, dann kann man die Füße vom Boden nicht mehr abheben. Man schleift sich vorwärts, weil jeder Schritt eine riesige Anstrengung ist. Je mehr man sich anstrengt, umso schwerer werden die Schuhe. Das ist fies.
Damit ist eigentlich grob das Meiste erklärt. Jetzt kann sich jeder vorstellen, was das für ein Teufelskreis ist.
Aber dem noch nicht genug. Man nennt MS ja auch die Krankheit der 1000 Gesichter. Nimmt man 100 MS Kranke, dann hat man 100 verschiedene Krankheitsbilder. Bei jedem wirkt sich die MS anders aus. Eine große Gemeinsamkeit sind oft die Gefühlsstörungen in den Händen und Sehprobleme. An manchen Tagen ist es schwer, einen Stift zu führen. Die Feinmotorik in den Händen lässt das nicht zu. Schreiben kann somit zum Problem werden, genauso wie konzentriertes Ansehen eines Gegenstandes. MS ist ja eine chronische Entzündung des Nervensystems. Davon ist der Sehnerv sehr oft betroffen, deshalb die optischen Probleme wie Doppelbilder beim Sehen. Aber alles ist von der Tagesform abhängig, und genau das macht die Krankheit so unberechenbar. Jeder Tag ist anders, mal sind die Einschränkungen schwächer, mal sind sie sehr stark. Es gab bei mir auch schon Tage, an denen ich gar nichts machen konnte. Aufstehen, 5 Meter laufen, sitzen. Mehr war an einem solchen Tag nicht drin.
Und der Brüller ist, man weiß über die Krankheit eigentlich nichts. Man weiß nicht, woher sie kommt, was sie auslöst, wie sie verläuft oder wie man sie behandeln kann. Das ist in meinen Augen nichts, und für Ärzte muss das bestimmt sehr unbefriedigend sein. Der Patient wird zu einem Versuchskaninchen verschiedener Medikamente. Man weiß ja nicht, was bei wem überhaupt wirkt oder wie seine Krankheit verläuft.
So, genug der Erklärungen. Jetzt dürfte wohl jedem klar sein, was MS so ungefähr ist. Man muss sich aber immer vor Augen halten, dass bei jedem die Krankheit anders sein kann. Es gibt Leute, die haben seit 40 Jahren MS und es gibt 90 Jährige mit der Krankheit.
Man weiß, dass man nichts weiß. Einer der Gründe, weshalb ich keine Fachvorträge besuche.